Auswandern bedeutet im wortwörtlichsten Sinn ja durch diese Entscheidung grenzenlos leben zu wollen und das bisherige Leben ein Stück oder ganz hinter sich zu lassen. Aber funktioniert das?
Leider oft nicht. Warum ist das so?
Ich bringe es an dieser Stelle einmal ganz einfach auf den Punkt: Du nimmst Dich immer selbst mit! Und wenn Du heute Scheiße drauf bist wirst Du morgen auch immer so drauf sein – egal wohin Du gehst! Dein Denken bestimmt Dein Handeln und wenn Dein Mindset so ist, dass Du Dein heutiges Leben negativ siehst verspreche ich Dir, dass Du Dein Leben nach der Auswanderung genauso negativ sehen wirst. Garantiert!
Bitte vergiss nicht, dass eine Auswanderung keines Deiner Probleme löst, die Du heute hast. Es schafft Dir nur neue, die Du heute alle nicht für möglich hältst. “Schnauze voll” ist die denkbar schlechteste Basis für eine Auswanderung.
Ich werde von The American Dream, der größten europäischen Beratungsagentur für Auswanderung und Visa in Richtung USA als Berater empfohlen und komme daher immer wieder mit Menschen in Kontakt, die, sei es über die unterschiedlichen VISA oder per Greencard, auswandern wollen. Daher weiss ich aus vielen Fällen, dass zwischen dem Traum und der Realität ein großer Unterschied besteht. Ein sehr großer!
Kabel Eins hat mich hierzu einmal interviewt und ich habe die wichtigste Voraussetzung für den Erfolg einer Auswanderung klar beschrieben. Dies gilt übrigens nicht nur für eine Auswanderung in die USA, dies gilt für jede Auswanderung.
Es ist erst wenige Monate her, dass mich eine Familie um Beratung bat, die gerade die Greencard gewonnen hatte. Wir tauschten viele Emails aus, sie bereiteten sich intensiv auf das Interview im Konsulat vor und trugen alle Unterlagen zusammen. Sie fuhren aufgeregt nach Frankfurt in ihr gebuchtes Hotel, um garantiert pünktlich zu sein. Abends erreichte mich dann die Email:
Wir sind nach Frankfurt gereist, allerdings bereits mit einem mulmigen Gefühl im Bauch. Ich war mir nicht mehr sicher, ob ich wirklich meinen Job und meine Familie in der Heimat aufgeben kann / möchte. Letztlich haben wir nach unzähligen, endlosen Stunden am Vorabend des Interviews entschieden, den Termin nicht wahrzunehmen.
Und es sind nicht wenige, die sich schon den Start nicht trauen. Das ist schade, aber es ist auf alle Fälle besser in dieser Phase abzubrechen als es erst im Zielland zu tun. Warum aber schaffen es am Ende nicht alle, die sich auf den Weg gemacht haben?
Genau an dieser Stelle sind wir beim zentralen Punkt: Grenzenlos leben ist kein Versuch. Grenzenlos leben ist eine Haltung, die man lebt und die man daher auch ganz entschieden wollen muss.
Ich lese viel in Auswanderergruppen auf Facebook mit und es fällt mir auf, dass Deutsche hier oft mit einer ganz anderen Haltung als andere Nationen das Thema Auswanderung besprechen.
Grundsätzlich ist die Eigeninitiative von deutschen Auswanderer-Interessenten häufig niedriger als die von Interessenten anderer Nationen. Regelmäßig wird gefragt, was für Jobs man in den USA für welches Geld bekommt. Mitlesen der schon 100x beantworteten Hinweise auf die Notwendigkeit von Greencard oder VISA erfolgt vielfach nicht, so dass das Pferd dann vom falschen Ende aufgezäumt wird.
Die nächsten Fragen widmen sich dann gern den Themen Krankenversicherung, Sozialleistungen und Urlaubstage im Job. Dies ist erheblich anders in Auswanderergruppen aus anderen Ländern, hier wird in erster Linie nach Aufstiegs- und Entwicklungschancen gefragt. Sind diese Fragen in Deutschland mittlerweile unpopulär?
Die Kernfrage vieler Interessenten aus Deutschland ist: “Was tut das Land für mich?” und niemals die viel wichtigere Frage “Was kann ich für das Land tun?” 75 Jahre Sozialstaat haben erkennbar Spuren im Mindset der Deutschen hinterlassen.
Um Missverständnisse zu vermeiden: Mich stört dies nicht und es ist für mich völlig in Ordnung, dass es solche Menschen gibt. Aber mit diesem Mindset wird es niemals etwas mit grenzenlos leben, denn wer solche Fragen stellt, nimmt das in Deutschland übliche Framework des Lebens als gute und erforderliche Rahmenbedingungen wahr.
Mir fällt auch immer wieder auf, dass viele Deutsche eigentlich nie in der neuen Heimat ankommen wollen. Da wird weiter deutsches Fernsehen konsumiert, das deutsche Mittagessen auf Facebook gepostet und auch gern an der neuen Heimat rumgemäkelt. Viele sehnen sich implizit oder explizit nach Deutschland zurück.
Auch dies ist in Ordnung, aber es zeigt, dass diese Menschen in ihren Grenzen, ihrer Sozialisation und ihrer Vergangenheit gefangen sind. Jede Reise nach Deutschland wird gepostet und deutsche Nachrichten werden weiter als relevant wahrgenommen. Andere Nationalitäten kommen schneller, unbefangener und fröhlicher in einer neuen Heimat an. Denn dieses Verhalten ist nicht nur auf die USA beschränkt, das erlebt man auf Mallorca in noch ausgeprägterer Form.
Die gute Nachricht gibt es aber auch: Grenzenlos leben durch Auswandern ist möglich und wird millionenfach von aufgeschlossenen Menschen gelebt, natürlich auch von vielen deutschen Auswanderern.
Grenzenlos leben durch Auswandern bedarf zu allererst einer ganz einfachen Zutat: Realismus. Messerscharfer Realismus.
Auswandern – wohin auch immer – aufgrund der Begeisterung eines Urlaubs ist eine schlechte Idee. Bevor man sich – für welches Land auch immer – entscheidet, sollte man das Land ausgiebig kennenlernen. Nicht eine, zwei oder drei Wochen. 8 Wochen oder mehr sollten es schon sein, am besten am Stück. Denn nur so kann man anfangen schon einmal ein ganz kleines bißchen anzukommen und ein Gefühl zu erlangen, ob man sich wohlfühlen könnte.
Grenzenlos leben durch Auswandern bedarf einer weiteren wesentlichen Zutat: Bescheidenheit. Bescheidenheit gepaart mit ehrlicher Demut vor der Herausforderung.
Ein Auswanderer muss wissen, dass im neuen Land niemand auf ihn wartet, absolut niemand. Und er muss bedingungslos bereit sein neu anzufangen und dafür auch Rückschritte in Beruf und Karriere erst einmal akzeptieren. Wer gut ist, wird sich über die Zeit dann überall durchsetzen.
Grenzenlos leben durch Auswandern bedarf nicht zuletzt aber auch der wichtigsten Zutat: Lernbereitschaft. Bedingungslose Lernbereitschaft.
Dies unterschätzen Deutsche ganz besonders gern und manch einer lebt (un)bewusst nach dem Motto: Am deutschen Wesen mag die Welt genesen. Das kann man denken, es ist aber das perfekte Motto um zu Scheitern. Auswandern bedeutet: “Zurück auf Los” im Monopoly des Lebens. Vergiss alles was Du gelernt hast, es ist in Deinem Zielland wenig oder nichts wert.
Ein Auswanderer braucht die Offenheit und die Bereitschaft alles, aber auch alles, neu zu lernen. Es interessiert in Deinem Zielland wenig bis gar nicht wie die Dinge in Deiner alten Heimat liefen. Jetzt zählt. wie es in der neuen Heimat läuft. Und das lernst Du oder Du scheiterst. Dazu gehört auch das alte Heimatland loszulassen und sich auf die neue Heimat einzulassen. Zerrissene Menschen kommen nie an, ein Fuss bleibt immer am alten Ufer hängen.
Grenzenlos leben durch Auswandern ist ein realistisches Ziel, das wunderbar bereichernd ist, wenn Du es mit Realismus, Bescheidenheit und Lernbereitschaft anstrebst. Wenn Du eine Auswanderung mit diesen drei wesentlichen Voraussetzungen angehst, hast Du die wirkliche Chance grenzenlos zu leben.
Auswanderer, die mit den Tugenden Realismus, Bescheidenheit und Lernbereitschaft aufbrechen, kommen immer erfolgreich an und erreichen sehr viel schneller als alle Anderen ihre Ziele. Sie führen ein grenzenloses Leben.
Wenn Du Dich auch mit dem Gedanken der Auswanderung trägst, schreibe mir bitte in die Kommentare, was Du hierzu meinst. Gerne helfe ich Dir auch oder bin Dein Sparringpartner für Deinen Plan. Ich bin gespannt auf Dich!
Ein anderer wichtiger Gedanke für jeden der auswandert:
Der Artikel hat mir sehr gefallen. Ich bin ausgewandert. Nur 50 Kilometer weiter gen Osten. Daher bin ich keine richtige Auswanderin. Ich habe meine Freunde in Deutschland und besuche sie mehrmals wöchentlich. Ich hatte den Beamtenstaat Deutschland so satt. Da sitzen Sesselfurtzer, die für nichts die Verantwortung tragen und die die Selbstständigen terrorisieren. Dann nimmt einem der Staat 50% Steuern ab! Falls die Selbstständigkeit schief geht… Pech gehabt. Die Steuereinnahmen braucht man ja für die Unterstützung „Kulturfremder Zuwanderer“, die unsere Zukunft sichern werden.
Tschechisch ist für mich ein unüberwindbares Problem. Mein Freund spricht inzwischen Tschechisch.
ABER: ich liebe die Tschechen! Zuerst mögen sie einen zwar nicht besonders ( was vermutlich an den schlechten Erfahrungen mit den „besserwissenden Deutschen“ liegt) aber wenn man sich den Respekt erarbeitet hat, lebt man sehr frei. Keiner schreibt dir vor, was du zu tun hast. Niemand zeigt seinen Nachbarn an. Man hilft sich gegenseitig. Ich bereue nie Deutschland verlassen zu haben. Ich danke den Tschechen, dass ich hier leben darf! Und die tschechische Sorache lerne ich auch noch. Na Shledanou!
Danke für Deine interessante Sicht. Ja, Tschechien ist ein schönes Land.